64. Gemeindekatechese, ein Weg zur Erkenntnis

Der Begriff „Gemeindekatechese“ kommt wahrscheinlich in den bisherigen Erzählungen am häufigsten vor. Und das, was damit gemeint ist, hat die Hochdahler Gemeinde zwischen 1973 und 2007 am intensivsten geprägt. Vieles, was wir getan haben – bei der Vorbereitung auf die Erstkommunion, beim Glaubenskurs zur Firmung, beim Arbeitskreis Taufgespräche, beim Tauf-Kurs für Schulkinder, bei den Wochenenden nach der Firmung – stand vermutlich mit Recht unter dieser Überschrift. Wir hatten aber während der ganzen Zeit keine theoretische Beschreibung, was unter „Gemeindekatechese“ genau zu verstehen ist. Dann wurde beim Erzählen der Erinnerungen das Bedürfnis immer stärker, eine solche Beschreibung zu versuchen. Das folgende Ergebnis dieser Bemühungen setzt nun die Erfahrungen aus der Praxis voraus, ist aber in der Form ein theoretischer Entwurf, der in gewissem Maß sogar den Anspruch erhebt, so könne ein gemeinsamer Weg einer Gemeinde zur Erkenntnis aussehen. (Vgl. zum gesamten Text: Nr.14 Personale Begegnung.)

 

„Gemeindekatechese“ ist der Titel für einen Lernprozess, zu dem eine christliche Gemeinde ermutigt und befähigt werden sollte. Er setzt die Theologie des Volkes Gottes voraus, die auf dem Konzil wiederentdeckt wurde. Deswegen wird er hier auch – wie das Wort „Gemeinde“ nahelegt – in erster Linie als typisch für eine christliche Gemeinde angenommen. Wahrscheinlich ist er aber auch ein Weg für Gruppen, die in ähnlicher Weise ein tragfähiges gemeinsames Fundament haben. – Er unterscheidet sich sehr deutlich von anderen Formen des Lernens. Er hat nicht die Form von „Unterricht“. Die Gemeindekatechese trat in Hochdahl 1973 an die Stelle des bis dahin üblichen „Kommunionunterrichts“. (vgl.Nr.16). Seitdem geht es nicht mehr in erster Linie um die Vermittlung von Wissensstoff an die Kinder. Auch ist nicht nur einer der Lehrer; weil er eben alles weiß, was zu vermitteln ist. Und die Kinder sollen  nicht mehr nur lernen, weil sie noch unwissend sind. Sondern sie sind Lernende und Lehrende, weil sie schon Erkenntnisse haben, wenn sie auch noch so anfänglich und unentwickelt sind. Bei der Arbeit mit Jugendlichen sollte dieser Aspekt sehr ernst genommen werden (vgl.Nr.59). – Der Titel „Gemeindekatechese“ ist auf diesem Hintergrund nicht günstig. Denn Katecheten werden immer wieder als Lehrer angesehen und Katechese ist im Normalfall eine Form von Unterricht. Wenn Gemeindekatechese so missverstanden wird, dann bleibt von ihr nur übrig, dass Gemeindemitglieder (Eltern) eben „Katecheten“ sind.

 

Der Lernprozess vollzieht sich im Gespräch. In einer christlichen Gemeinde ist das Ziel des Gesprächs die Erkenntnis oder das Kennenlernen dessen, was die Botschaft des Evangeliums bedeutet. Wenn eine Gruppe von Glaubenden und Getauften versammelt ist, kann ich davon ausgehen, dass den Teilnehmern der Geist Jesu gegeben ist. Dann ist nicht nur einer der Wissende und alle anderen Lernende, sondern alle sind gleichzeitig Lernende und Lehrende. Und dabei ist es auch gestattet, dass die verschiedenen Personen ihren Glauben in unterschiedlichem Maß aktualisieren und formulieren können. Im Gespräch stellt jeder seine bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse in den Dienst der anderen, damit in der Gruppe der Glaube wächst. Diese Beschreibung ist natürlich eine theologische und kann nur für jemanden verbindlich sein, der bereit ist zu glauben. Eine ähnliche Beschreibung für einen Prozess in einer Gruppe findet sich schon in dem Text „Suchen und Fragen“(Nr.12).

 

Der Inhalt des Gesprächs ist nicht die offizielle Lehre der Kirche oder das, was im Katechismus steht. Denn da handelt es sich um den Versuch, das Glaubenswissen in seinem ganzen Umfang zu beschreiben. Die Teilnehmer des Gesprächs dagegen befinden sich an einem bestimmten Punkt ihres Lebens und sie sind unterwegs auf dem Weg des Glaubens. Und  deshalb können  sie sich nur austauschen über das, was ihnen bis jetzt klar geworden ist. Was dabei zur Sprache kommt, wird sehr vielfältig sein. Denn der Glaubensweg und die erreichte Glaubenserkenntnis werden bei jedem Teilnehmer anders sein. Oft spielt dabei die konkrete Lebenssituation der Beteiligten eine Rolle. So drehten sich in den Ehekreisen viele Gespräche um die Erziehung der Kinder, aber auch um die neuen Formen christlichen Lebens nach den Veränderungen durch das Konzil (Vgl.Nr.5). Jeder Teilnehmer ist aber auch geprägt von der Erziehung, dem Umfeld in der Kindheit und Jugend, oder auch durch die Begegnung mit bestimmten Menschen, zum Beispiel Lehrern oder Vorbildern. Und selbst die Veranlagung spielt dabei mit. Ein lebendiger Austausch kann dazu führen, dass in dem Gespräch eine große Weite und Vielfalt sichtbar wird. Und vielleicht fühlt sich die Gruppe hin und wieder sogar veranlasst, über die Fülle des Lebens und des Glaubens zu staunen.

 

Der Ausgangspunkt des Gesprächs ist eine veränderte Blickrichtung der Gruppe. Beim Unterricht geht es um einen bestimmten Stoff, den man sich ansehen und mit dem man sich vertraut machen muss. Man braucht den Lehrer, der den Stoff schon kennt und der einem den Zugang eröffnet. Man muss sich den Stoff aneignen. Vielleicht muss man ihn auch auswendig wiedergeben können. Der Gegenstand im Gespräch der Gemeindekatechese ist eine persönliche Befindlichkeit der Teilnehmer. Und die kommt nur dadurch ins Gespräch, dass jeder Teilnehmer diese seine persönliche Glaubenssituation den andern offenbart. Und das muss mit Vertrauen und ohne Aufdringlichkeit geschehen. – Wie das in der Praxis geschehen kann, soll an der Arbeit mit den Begleitern der Erstkommunion erläutert werden. Das Gespräch in der Gruppe muss mit dem ersten Treffen der Begleiter beginnen. Eine Zusammenstellung der Themen, die in der Vorbereitungszeit anstehen, sollte der Leiter der Gruppe den Teilnehmern vor Beginn zuschicken, damit die Begleiter sich vorher damit vertraut machen können. Das Gespräch muss damit beginnen, dass die Teilnehmer gefragt werden oder sagen können, welche innere Einstellung, welche Neugier oder Angst sie in Bezug auf die verschiedenen Themen haben. Der Lernprozess beginnt also mit der Frage des Einzelnen, wie er zu den unterschiedlichen Themen innerlich steht. Wenn es schon möglich ist, sollte jeder auch einige Sätze zur Begründung oder Erklärung sagen. Das kann der Ausgangspunkt für das Gespräch sein und es dient gleichzeitig dem Ziel, dass die Begleiter miteinander bekannt und vertraut werden. Eine vertrauensvolle Atmosphäre ist für das Gespräch und für den gewünschten gemeinsamen Erkenntnisprozess unbedingt notwendig. Vielleicht kommen auch schon Erfahrungen zur Sprache, die die Begleiter bei früheren Aktivitäten gemacht haben. – Alle Treffen der Begleiter sollten in der Methode oder der Eigenart des Gesprächs einen ähnlichen Ablauf haben. Und wie die Teilnehmer vor dem ersten Treffen die Zusammenstellung der Themen kennen sollten, damit sie sich damit vertraut machen können, so sollten sie sich auch auf jeden weiteren  Abend in ähnlicher Weise vorbereiten. Dazu kann die Mappe für die Kinder oder das Handbuch für die Begleiter eine wertvolle Hilfe sein. Mit Mappe und Handbuch können die Begleiter den Umfang und die ganze Weite der Thematik in sich aufnehmen. Und an jedem Abend ist der Zugang zum Gespräch dann die Frage, „was das Thema mit mir macht“. Im Einzelnen können das auch mehrere Fragen sein. „Ist das mein Thema? Macht es mir Schwierigkeiten? Bin ich hilflos, verärgert, belastet, in Angst, erfreut, neugierig, gehalten und getragen? Gibt es mir Hoffnung und Zuversicht?“ Um solche Zusammenhänge geht es, kluge Theorien sind nicht gefragt. Und wenn die Themen so mit den eigenen Lebenseinstellungen in Kontakt gebracht werden können, dann ist die Chance groß, dass Glaube und Erkenntnis in der Gruppe wachsen.

 

Das Ziel des Gesprächs ist ein lebendiger und intensiver Austausch über die Glaubenssituation der Teilnehmer der Gruppe. Wenn sich eine Gruppe neu zusammenfindet, muss man immer damit rechnen, dass es deutliche Startschwierigkeiten gibt. Diese Form des Austauschs wird ja sonst selten trainiert. Und es wird einige Zeit dauern, bis sich das nötige Vertrauen untereinander einstellt. – Bei einer Gruppe, die sich regelmäßig trifft (z.B. Ehekreise), kann diese Beziehung zueinander über längere Zeit allmählich wachsen. Bei Treffen von Begleitern (z.B. für die Vorbereitung auf die Erstkommunion) werden die Themen zunächst stärker im Vordergrund stehen. Wenn die Teilnehmer sich dabei fragen, was die Themen für ihren Glauben bedeuten, dann können die persönlichen Hintergründe nach und nach deutlich werden. In beiden Situationen kann das  Gespräch eine innere Dynamik entwickeln, die zunächst getragen wird von der Bereitschaft der Teilnehmer, ihre Erkenntnisse und Vorstellungen in die Gruppe einzubringen. Und vielleicht merkt die Gruppe an einer bestimmten Stelle, wie spannend es ist, mehr zu verstehen und tiefer in die Zusammenhänge einzudringen. Dann wird die Erkenntnis, die Sache oder im Idealfall die Wahrheit zum eigentlichen Antrieb. Erkennen, was ist, was das Evangelium meint, was uns zum Leben verhilft! In diesem Augenblick erlebt die Gruppe, wie der Glaube wächst. An der Stelle ist es dann auch sinnvoll, sich nach den Beiträgen umzusehen, die andere kluge Menschen schon zu Fragen des Glaubens formuliert haben. Es wurde schon erwähnt, dass in den Ehekreisen die Schriften von Otto Betz sehr hilfreich und geschätzt waren (Nr.5). – In der Firmvorbereitung haben wir manchmal eine besondere Form des Gesprächs praktiziert. Die Teilnehmer versetzen sich zum Beispiel in die Situation der Apostel und führten in der Gruppe ein „Apostelgespräch“. Von einem solchen Gespräch wurde bereits erzählt (Nr.60). Die Apostel im Garten Gethsemane schlafen in diesem Beispiel nicht, sondern überlegen, ob und wie sie Jesus in seiner Not und Todesangst helfen können. Und bis auf den heutigen Tag wird immer wieder die Hilflosigkeit in mir wach, die ich bei diesem Gespräch erlebt habe.

 

Die Atmosphäre im Gespräch muss so sein, dass sie den persönlichen Austausch ermöglicht und stützt. Diese Erkenntnis war uns schon im Firmkurs klar und wichtig. Deswegen gab es da eine verbindliche Anweisung für Kleingruppen-Gespräche (Nr.59). Die braucht hier nur abgedruckt zu werden (mit kleinen Veränderungen):

            Die Atmosphäre sollte von Vertrauen, Rücksicht und Diskretion geprägt sein. Alle Formen von Zugreifen, Wissen-wollen, Besser-wissen sind nicht gestattet. Deshalb kann es eigentlich bei solchen Gesprächen keine Diskussionen geben, bei denen Standpunkte gegeneinander gestellt werden.

            Da es um persönliche Dinge geht, darf und sollte jeder selbst entscheiden, was er von sich preisgibt und was er für sich behält. Es kann also sein, dass jemand  in einer Einzelbeschäftigung viel mehr über sich erkannt hat, aber davon nur einen Teil weitergibt – unter Umständen auch noch in verallgemeinerter Form.

            Rückfragen der übrigen Teilnehmer sind gut, wenn sie aus echtem Interesse und Zuwendung gestellt werden. Jeder Versuch, mit – u.U. heimlicher – Gewalt in andere zu dringen, ist unzulässig.

            Es muss für alle Beteiligten selbstverständlich sein, dass persönliche Dinge nicht an Außenstehende weitererzählt werden.

 

Der Rahmen und Leitfaden für das Gespräch wird normalerweise ein Thema sein. Entweder hat sich die Gruppe jeweils für das nächste Treffen oder auch für einen längeren Zeitraum auf Themen geeinigt. Oder die Reihe der Themen ist vorgegeben, wie das bei der Sakramentenvorbereitung meistens der Fall ist. Für die Vorbereitung auf die Erstkommunion gibt es normalerweise eine Mappe, die als Leitfaden dient. Es kann auch sein, dass sich in einer Gemeinde im Laufe mehrerer Jahre schon eine gewisse Tradition gebildet hat, wie und mit welchen Themen die Vorbereitung abläuft.

 

Es gibt in einer Gemeinde verschiedene Bereiche, in denen das Gespräch als Erkenntnisweg eine Rolle spielen kann. Am häufigsten wird es wohl in der Sakramentenvorbereitung seinen Platz haben, vor allem bei der Vorbereitung der Kinder auf die Erstkommunion, dann aber auch beim Glaubenskurs zur Firmung und bei der Begleitung der Eltern vor der Taufe ihrer Kinder.  – Die Ehekreise waren von vorneherein als Gesprächsgruppen konzipiert. – Auch bei den Fernsehserien trafen sich feste Begleitgruppen zum Gespräch, die dann nicht nur Themen als Ausgangspunkt hatten, sondern die verschiedenen Szenen, die in den Sendungen gespielt wurden. – Und auch für die Kreise, die Kinder- oder Jugendgottesdienste vorbereiteten, war das Gespräch der Weg, um das Thema zu klären und den Weg für die Verkündigung im Gottesdienst festzulegen. 

 

Für ein solches Gespräch gibt es Schwierigkeiten und Hindernisse. Und das bedeutet, dass die Gemeindekatechese eine sehr anspruchsvolle und gar nicht selbstverständliche Form der Seelsorge ist.

            Als wir 1973 in Hochdahl mit der Gemeindekatechese anfingen, waren die Eltern durchweg noch vor dem Krieg geboren. Und die kirchliche Mentalität in der Zeit ihrer Kindheit und Jugend war noch von Druck und Androhung göttlicher Strafen bestimmt. Und im Beichtspiegel stand für diese Eltern noch die Frage, ob sie Zweifel gehabt hätten. Und ich erinnere mich an Aussagen von Eltern damals, die noch die strenge Erziehung bei Nonnen verarbeiten mussten. Mit einem solchen Hintergrund musste es schwerfallen, offen und ehrlich und ohne Angst über den eigenen Glauben, über Unsicherheiten und Schwierigkeiten zu sprechen. Gleichzeitig fühlten diese Eltern eine große Verantwortung für ihre Verkündigung an die Kinder. Leichthin und oberflächlich über Glaubensfragen zu debattiere, kam deshalb als Ausweg nicht in Frage. – Ich habe den Eindruck, dass die Gespräche für die Begleiter in der Firmvorbereitung weniger problematisch waren. Die Jugendlichen hatten damit wohl keine Schwierigkeiten – wie das bei Jugendlichen ja oft ist.

            Das Gespräch bei der Gemeindekatechese soll im Idealfall sehr persönlich und offen sein. Eine solche persönliche Beziehung und Praxis wird für manche Menschen schwer zu vollziehen sein. Für viele wird es auch nicht zu ihrer persönlichen Eigenart passen. Man kann vielleicht davon ausgehen, dass die Gruppe sich auf diese Bedingungen einstellen wird, ohne dass darüber gesprochen werden muss. Aber das bedeutet, dass die theoretischen Vorstellungen in der Praxis nur sehr unterschiedlich Wirklichkeit werden können. Das kann nicht anders sein.  Trotzdem dürfte es wertvoll sein, sich durch die Theorie vor Augen zu halten, wie es gehen kann. Vielleicht wird es dadurch auch in der konkreten  Situation leichter zu erkennen, wo man gerade steht.

            Und von einer Gefährdung soll die Rede sein! In dem Text „Wohlwollende Vertrautheit“ (Nr.60) wird der Gedanke entwickelt, dass der Austausch über das eigene Leben und den eigenen Glauben zu sehr intensiven Begegnungen führt, aus denen sich in der Hochdahler Gemeinde oft sehr beständige Freundschaften entwickelt haben. Ich bin überzeugt, dass das so stimmt und dass wir dafür dankbar sein können. Wenn das Gespräch aber eine derart positive Erfahrung ermöglicht, dann kann es auch geschehen, dass man immer wieder solch schöne Erlebnisse haben möchte, auch wenn die Situation das überhaupt nicht hergibt. Menschen werden abhängig – von ihren Wunschvorstellungen und möglichweise auch voneinander! –  Die Teilnehmer sollten sich über eine solche Gefährdung im Klaren sein, dann können sie leichter damit umgehen.  

            Dann muss aber auch ein Vorteil erwähnt werden, den das Gespräch in der Gemeindekatechese hat. Was oben über die Belastungen durch die alte kirchliche Mentalität gesagt wurde, hatte oft die Folge, dass es selbst in der Familie nur sehr selten ein Gespräch über die persönlichen Glaubensvorstellungen gab. Die gehören ja auch zum Intimsten, was ein Mensch hat. Und wenn man darüber spricht, setzt man sich aus. Allem Anschein nach ist ein Gespräch im Rahmen der Gemeindekatechese viel leichter, weil es immer im Rahmen eines Gruppenprogramms, bei einem Einsatz für Kinder und Jugendliche oder während eines gemeinsamen „Bildungsvorgangs“ stattfindet. Ich habe lange gemeint, eigentlich müsste man ohne solche stützenden Gruppentreffen über sich und seinen Glauben sprechen können. Das war zum Beispiel immer mein Vorbehalt, wenn die Damen der Frauengemeinschaft sagten, sie würden beim Basteln für Bolivien oder Weinachten viel über Glaubensfragen sprechen. Diese Auskunft habe ich lange nicht so richtig ernstgenommen. Irgendwann habe ich mich dann bekehrt, wie man aus dem vorliegenden Text entnehmen kann.

 

Wenn jemand, der heute in der Seelsorge tätig ist, diesen Text liest, kann er sicher nur den Kopf schütteln. Denn heute ist alles anders und in diesem Fall stimmt der Spruch sogar. Wir hatten in Hochdahl nach 1968/70 fast ideale Bedingungen: die Pfarrei hatte knapp 10.000 Gemeindemitglieder, viele hoch motiviert und bereit, Zeit und Mühe für die Gemeinde auf sich zu nehmen, eine interessierte und hinreichend besetzte Gemeindeleitung. Wir konnten uns eine intensive Vorbereitung auf die Sakramente leisten. – Inzwischen sind die Fusionsproduckte ja Monster – egal welch schönen oder künstlichen Namen sie haben. Wer als Seelsorger „nur“ 20.000 betreuen muss, kann sich noch glücklich fühlen, inzwischen gehen die Zahlen deutlich in Richtung 100.000.

Selbst in dieser Situation würde ich die Gemeindekatechese nicht aufgeben. Wie noch etwas gehen könnte, möchte ich an einem konstruierten Beispiel mit realem Hintergrund beschreiben. Ich  stelle mir eine fusionierte Pfarrei vor mit etwa 20.000 Katholiken. In diesem Gebilde gibt es zwei kleine ehemalige Pfarreien, in denen es im Lauf der Jahre immer etwa 20 oder auch weniger Kommunionkinder gegeben hat. Die für die Seelsorge im ganzen Bereich Verantwortlichen behandeln diese beiden Gemeinden nun als Sonderfall: hier werden die Kinder nach Art der Gemeindekatechese auf die Kommunion vorbereitet. Das bedeutet: kleine Gruppen, intensive Arbeit mit den Begleitern, wöchentliche Treffen der Kinder mit ihrer Begleiterin. Das ist nicht als Privilegierung gedacht, sondern soll helfen, dass eine intensive Form der Vorbereitung nicht in dem großen Betrieb untergeht. Und vielleicht erlebt die Eine oder der Andere, wie viel man bei dieser Arbeit für sich selber gewinnt. Dann heißt plötzlich Maria 2.0 nicht mehr „Ich will Priesterin werden“, sondern „ an diesen Platz gehöre ich hin und hier kann ich mehr bewirken als irgendein Priester“. Und so könnte die Verwandlung der Kirche dann beginnen. – Dieses Modell müsste in dieser Großpfarrei wandern. Ob das bereits nach einem Jahr sinnvoll wäre oder nach zwei oder drei, das muss die Realität zeigen. Auch welche Teilbereiche in den größeren ehemaligen Pfarreien ausgewählt werden sollten, kann nur vor Ort geklärt werden. Die Kommunionvorbereitung forderte immer schon eine Menge Phantasie und Einsatz.

 

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