42. Ave Eva 3

Jugendchor und Band von St.Franziskus Hochdahl sollten beim Katholikentag 1980 in Berlin wieder dabei sein. Pfarrer Michael Longard, auf dessen Initiative hin wir 1976 in der Kirche Maria Regina Martyrum gesungen hatten, hatte uns wieder nach Berlin eingeladen. Wir hatten gerade „Franz von Assisi“, das neue Stück von Willms und Janssens, einstudiert und im November 1979 in Heilig Geist zum ersten Mal gesungen. Beim Katholikentag sollten wir jetzt „Ave Eva“ und „Franz von Assisi“ singen und auch noch eine Kindermesse mitgestalten. Bevor der Katholikentag begann, wurde Michael Longard krank, sodass der eigentliche Ansprechpartner für uns nicht mehr erreichbar war. Wir hielten uns vertrauensvoll an Rita Raile-Buchbender, die Sekretärin im Jugendamt, über die unsere Verbindung nach Berlin immer gelaufen war. Es hieß, wir sollten uns vor Ort mit Herrn Judkowiak, dem Leiter des Jugendprogramms beim Katholikentag, in Verbindung setzen. Wir teilten rechtzeitig mit, was wir für die beiden Aufführungen benötigten (ein brauchbares Klavier, Brot, Wein, Blumen) und fuhren wohlgemut nach Berlin.

 

Als ich bei Herrn Judkowiak erschien, eröffnete er mir, dass er keine Vorbereitungen für uns getroffen habe. Nur das Brot habe er bestellt. Er wollte das nämlich nicht – ich nehme an, die beiden in gewissen Kirchenkreisen nicht geschätzten Stücke. Ich war entsetzt, denn wir sollten am nächsten Morgen um 11 Uhr mit „Franz von Assisi“ in St.Canisius beginnen und abends in einer Wilmersdorfer Kirche „Ave Eva“ singen. In leichter bis mittlerer Panik fuhr ich zur Wohnung von Familie Raile, wo einige Hochdahler versammelt waren und sich den Kaffee schmecken ließen. Ich erzählte von der Panne und wurde sofort getröstet. Einhellig war man der Meinung: „das regeln wir.“ Und dann schwärmten die Anwesenden aus und besorgten in Blumenläden und Supermärkten, was nötig war: Rosen und Brot und Wein (samt Plastikbechern). Am nächsten Morgen baten wir eine andere Musikgruppe, die auch zum Katholikentag gekommen war, ob sie uns nicht für den „Franziskus“ ihr Klavier leihen könnte. Es war nach dem Schock ein schönes Erlebnis, mit welch großzügiger Selbstverständlichkeit der Leiter dazu bereit war. Und mit einem schnell besorgten Leihwagen samt Anhänger fuhren wir das gute Stück zum Einsatzort. – Abends war für „Ave Eva“ in der Kirche in Wilmersdorf ein Klavier vorhanden. Wir haben mit Freude gesungen und gespielt und das Publikum ging begeistert mit.

 

Diese Erfahrung beim Katholikentag in Berlin hat meine Beziehung zu den Verantwortlichen in der Kirche natürlich nicht verbessert. Das mindeste wäre doch gewesen, uns vorher klar und eindeutig zu informieren. Allerdings war ich auch offensichtlich ziemlich leichtgläubig. Ich wusste (und weiß bis heute) nicht einmal, ob wir im offiziellen Programm aufgeführt waren. Bis dahin hatten wir ja schon manchen Bremsversuch der Kirchenleitung aushalten müssen. Aber so massiv war es doch nie gewesen. Und auch die Erklärung hilft nicht, der Verursacher sei ja nur der Leiter des Jugendprogramms gewesen. Denn er handelte schließlich nicht als Privatmann. – Ich hatte von da an keine Lust mehr, mich bei offiziellen kirchlichen Ereignissen zu beteiligen. Beim Düsseldorfer Katholikentag hat Gerd Verhoeven mit einigen Begleitern  die Hochdahler Firmvorbereitung vorgestellt. Ich habe bei dieser Veranstaltung mit Jugendchor und Band noch ein paar Lieder gesungen. – Die Erfahrung von Berlin hatte auch eine positive Folge. Ich glaube, sie machte uns noch ein Stück eigenständiger. Man muss halt den Weg, den man für richtig hält, gehen ohne zu erwarten, dass die Oberen einem vorher die Steine aus dem Weg räumen. Dabei zerbricht allerdings auch ein Stück Gemeinsamkeit. Und auf diesem Weg muss man auf die Solidarität Gleichgesinnter vertrauen. Denn dieser Solidarität hatten wir es zu verdanken, dass wir in Berlin doch noch singen konnten.

 

Anscheinend habe ich vorher etwas von diesem Durcheinander „gerochen“. Denn am Morgen vor unserer Abfahrt aus Hochdahl habe ich noch einige hundert Reklamezettel mit Ort und Zeit unserer beiden Stücke im Format DIN A 5 abgezogen (mit der schon bekannten vorsintflutlichen Wachsmatrize). Am Morgen vor der angekündigten Pleite sind Dirk Thome, unser Techniker, und ich dann durch das „Zentrum der Diözesen“ gezogen und haben die Zettel überall, wo ein freier Platz auftauchte, angepappt. Wer dort hineinging, konnte „Ave Eva“ und „Franz von Assisi“ unmöglich übersehen. Vermutlich hing es damit zusammen, dass beide dann auch ein volles Haus hatten. Es hieß, in Wilmersdorf hätten die Zuhörer sogar auf den Beichtstühlen gesessen. Dass beim Austeilen des Weines dann auch eine Endstufe der Verstärkeranlage mittrank und dann ihren Geist aufgab, war ein witziger Vorfall zum Schluss.        

 

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