0. Wer sucht, der findet

Diese Überschrift kam mir in den Kopf, als ich überlegte, warum ich meine Erinnerungen an unsere Arbeit in der Hochdahler katholischen Gemeinde veröffentlichen wollte. Suchen und fragen war eine wichtige Haltung während all der Jahre. Und sie hat unsere Arbeit sehr deutlich geprägt. Vielleicht fühlt sich der eine oder andere Leser dadurch angeregt und ermutigt, noch etwas mehr und intensiver über das Leben in der Gemeinde nachzudenken.

 

Und dann ging ich zurück auf die Stelle im Evangelium, wo dieser Spruch steht – im Lukasevangelium Kapitel 11, Verse 5-13 (Der Text ist weiter unten abgedruckt). Und ich war fasziniert, als ich anfing zu begreifen, wie wichtig diese Stelle für die Arbeit in der Gemeinde ist. Da steht ein sehr dringender, fast beschwörender Appell Jesu an seine Jünger, der den Satz aus der Überschrift doppelt und dreifach formuliert. „Deshalb sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.“ (Lk 11,9f) Ein Appell an die Jünger – ein Appell an die Glaubenden und Getauften, an die Gemeinde heute!

Wenn die Jünger, wenn die Gemeinde den Worten Jesu folgt, dann wird ihnen eine Verheißung zuteil. Die wird mit einem Beispiel aus dem Leben der Familie eingeleitet. Ein Vater wird doch seinem Sohn, der ihn um einen Fisch oder ein Ei bittet, nicht stattdessen etwas Tödliches geben. Und dann die Verheißung: „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geit denen geben, die ihn bitten.“ (Lk 11,13) 

 

Bitten, suchen, anklopfen – den Himmel bestürmen – und die Gabe von oben ist der Heilige Geist. Damit sind die Form und das Ziel des Suchens und Bittens eindeutig bestimmt – und genau so die Eigenart des Findens.

 

Irgendwann im Laufe der Geschichte gab es dann die gedruckten Bibeln. Und die Herausgeber haben den Text des Evangeliums in Abschnitte unterteilt und jedem Abschnitt eine Überschrift gegeben. Diese Überschrift gehörte und gehört nicht zum biblischen Text. Und siehe da: der Text Lk 11, 5-13 bekam die Überschrift: Vom Vertrauen beim Beten. Diese Überschrift ist falsch, weil sie die Aussage des Textes überhaupt nicht wiedergibt.

Da muss man sich fragen, wie es zu dieser irreführenden Überschrift kommen konnte. Das müsste ein Fachmann klären. Meine Erklärung dafür: Als das geschah, gab es in der Kirche keinen Spielraum für Bitten, Suchen und Anklopfen. Alles war für die Gemeinden klar und geregelt. In meinen Kindertagen konnte man die Vorstellung haben, dass alle Bewohner des Dorfes gute Christen waren, wenn sie die 10 Gebote hielten und regelmäßig beichten gingen. Der Appell Jesu im Evangelium wurde dadurch zu einer Ermahnung, wie man beten sollte.

 

Nach dem Konzil war das Volk Gottes jedoch wieder aufgerufen, sich mit Kopf und Herz den Weg zur Gemeinde Jesu Christi zu bahnen und den Beistand des Heiligen Geist zu erbitten. Wollen wir es gemeinsam wieder tun? Eine 2000-jährige Geschichte und unser aller Erfahrungen sind dafür eine gute Grundlage.

 

Der Text des Evangeliums. Lukas 11, 5-13.

(5) Und er sagte zu ihnen: Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote; (6) denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen, und ich habe ihm nichts anzubieten, (7) wird dann etwa der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe, die Tür ist schon verschlossen und meine Kinder schlafen bei mir; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben? (8) Ich sage euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm seine Bitte erfüllt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht.

(9) Darum sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet.  (10) Denn wer bittet, der empfängt; wer such, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. (11) Oder ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn eine Schlange gibt, wenn er um einen Fisch bittet, (12) oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet? (13) Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.

 

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