39. Jugendfreizeiten 1

Die Jugendfreizeiten zwischen 1970 und 1981 waren eine Erfolgsgeschichte in den frühen Jahren der Hochdahler Gemeinde. Es begann mit kleinen Aktivitäten. Die Idee dazu brachte Gerd Verhoeven aus Honnef mit, wo er vorher Kaplan gewesen war. Im September 1968 war er nach Hochdahl gekommen. Und schon im folgenden Jahr gab es von ihm und einigen anderen Erwachsenen ein Angebot für Jugendliche, nach Ostern und in den Herbstferien an Wanderungen teilzunehmen, die jeweils für 10 Tage von Jugendherberge zu Jugendherberge gingen. 1970 machte Frau Smoch (damals Sozialarbeiterin beim Kreis Mettmann, später dann für den katholischen Sozialdienst in unserer Gemeinde verantwortlich) den Vorschlag, 14-tägige Wanderfreizeiten in Selbstversorgerhäusern in Österreich anzubieten, besonders für solche, die sonst in den Ferien nicht rauskamen. Ab1972 wurde die Zahl der Teilnehmer so groß, dass von da an jedes Jahr  mehrere Gruppen nach Österreich fuhren, jeweils begleitet von zwei bis drei Erwachsenen der Gemeinde. 1981 fuhr dann noch je eine Gruppe nach Spanien und Skandinavien. – Andere Gruppen blieben in dieser Zeit eher in der Nähe, in Laasphe/Sauerland. Jede Gruppe hatte etwa 20 Teilnehmer, sodass eine gute Gemeinschaft entstehen konnte und die Begleiter auch den Überblick behielten.

Aber lesen Sie jetzt selbst, was eine jugendliche Teilnehmerin und eine Begleiterin zu erzählen haben, und wieso die Freizeiten für sie und die  Gemeinde so eine wichtige Sache gewesen sind. Ich – Bernd Staßen – war bei diesen Aktivitäten nicht dabei und habe im Vorspann nur widergegeben, was ich von Gerd Verhoeven gehört habe.

(Anmerkung: Der Vorspann ist bei Freizeiten 1 und Freizeiten 2 der gleiche)

 

 

Jugendfreizeiten 1

 

„ Wir führen ein sehr erfolgreiches kleines Reiseunternehmen “

 

Hochdahler Jugendfreizeiten in den 70-er Jahren.

Aus der Sicht einer Teilnehmerin

 

Ich bin 1969 nach Hochdahl gezogen. Von Anfang an wurden die Erwachsenen in der St. Franziskus-Gemeinde über Ehekreise vernetzt – Für uns Kinder und Jugendliche (die geburtenstarken Jahrgänge) gab es in dann ein umfangreiches Angebot an 14-tägigen Sommerfreizeiten. Österreich war das Ziel von Jungenfreizeiten und Mädchenfreizeiten; die jüngeren Kinder fuhren in die Nähe, nach Laasphe ins Sauerland.

Insgesamt bin ich 7 x unterwegs gewesen; zunächst in Österreich: Sölden`73, Sonntag`74, Saalbach`75, Strassen`77 und St.Siegmund`78.Daran an schloss sich 1979 eine Fahrradtour durch die Lüneburger Heide und 1981 eine Hüttentour in Österreich.

Eine typische Gruppe nach Österreich bestand aus rund 20 Teilnehmern sowie 3 Leitern. In der Regel wurden wir von zwei Erwachsenen und einem Jugendlichen begleitet. Von den Erwachsenen war die eine für die Leitung und die andere für das Kochen zuständig. Jedenfalls in der Theorie. In der Praxis gab es von dieser Regel auch schon mal „kreative Abweichungen“.

Heute weiß ich, wo ich das Arbeiten mit Checklisten und das systematische Kofferpacken gelernt habe: Der Prototyp wurde bei jedem Freizeit-Vorbereitungstreffen ausgeteilt und nannte sich

„ Ausrüstung für die Mädchenfreizeit“

4 Garnituren Unterwäsche
8 Paar Strümpfe
Taschentücher
2 Schlafanzüge
1 Bettbezug
4 Handtücher
2 Küchentücher

Taschengeld für alle einheitlich nicht mehr als 15 ,--DM

E111 – Internationaler Krankenschein
Regenschutz
Brustbeutel
Taschenlampe   etc.

Ganz wichtig: auch der Impfausweis musste gecheckt werden. Für uns Freizeitteilnehmer wurde noch ein Sonderimpftermin beim Kreisgesundheitsamt vereinbart. Noch umfassender kann eine Betreuung nicht ausfallen!!

Spannend war jedes Mal das Treffen und die Abfahrt vor der Hl.Geist Kirche. Nach Österreich wurde immer „über Nacht“ gefahren und gegen 19 Uhr gestartet.
Ganz wichtig war die Frage: Hat der Bus Liegesitze? Obwohl wir uns die Frage immer direkt beantworten konnten - Jugendfreizeiten waren keine Luxusreisen - war die Enttäuschung jedes Mal riesengroß. K e i n e   Liegesitze bedeutete, die ganze Nacht meist schlaflos verbringen und sich die mind. 12 h dauernde Fahrt irgendwie um die Ohren schlagen sowie arg zerknittert den Zielort erreichen.

In Österreich angekommen, haben wir uns immer sehr schnell an alles angepasst und eine reich angefüllte Zeit gehabt. Wir waren regelmäßig wandern oder auch nur spazieren, wir haben viele Eindrücke einer faszinierenden Bergwelt sammeln können. Natur pur!


Zu fast jeder Freizeit gehörte eine Zwei-Tages-Tour, also eine Wanderung mit Übernachtung auf einer Hütte. Das war dann wiederum sehr spannend und abenteuerlich, improvisieren war gefragt.
So mancher Gipfel wurde von uns bestiegen, so manches Schneefeld durchquert oder auch unfreiwillig hinuntergerutscht. Wir haben gebastelt oder einfach nur „abgehangen“.

Jedes Mal haben wir tolle Ausflüge gemacht, je nach Ausgangsort war Bregenz, der Bodensee,  Mainau, Meersburg, Kaprun, Zell am See, Salzburg und Berchtesgaden, die Dolomiten mit den  Drei Zinnen , Innsbruck oder auch Venedig unser Ziel.

Wir sind immer hervorragend bekocht worden, ich kann mich ganz gut an diese riesigen Mengen und Dosen erinnern und auch an bereits in Hochdahl vorausschauend eingekochten Gulasch. Draußen Grillen stand ebenfalls auf dem Programm. Wir Teilnehmerinnen haben uns an dem Küchendienst beteiligt oder wurden auch schon mal zum Beeren sammeln in den Wald geschickt. Wie selbstverständlich gab es auch zu besonderen Anlässen Bowle für alle.

Eine Tagesfahrt von Strassen aus führte uns nach Venedig, mit einer extrem frühen Abfahrt zwischen 3 und 4 Uhr, voller Staunen bei der Ankunft in Venedig und bei der ersten Fahrt mit dem Vaporetto, damals noch durch den Canal Grande. Wir hatten uns in 3 Gruppen aufgeteilt - eine pro Leiter - um die Stadt zu erkunden. Später hatten wir wieder alle gemeinsam auf der Piazzetta San Marco auf den Stufen und zu Füßen der monolithischen Säule des Hl. Theodor und dem Krokodil platzgenommen, um zu picknicken. Legendär dieser unser Picknick-Platz, denn heute sind die Säulen eingezäunt, Picknick ist überall in Venedig verboten und wird hart bestraft. Legendär auch unser Lunch-Paket bestehend aus schon in Österreich vorbereiteten Koteletts mit Gürkchen. Es wurde alles getan, damit wir eine wunderbare Zeit hatten.

 

Nach weit über 40 Jahren fallen mir verschiedene Situationen und viele umgeknickte Füße ein. Die Suche nach einem Friseur war auch so ein Thema (d.h. die Frisur der Freizeitleitung). Die Haare mussten gemacht werden, nicht einfach nur gefönt wie bei den jugendlichen Teilnehmerinnen. Was tun, wenn man sich im Sommer an einem Wintersportort befindet und der Friseur nur im Winter öffnet. Die Lösung lag auf der Hand: entweder selber beherzt zu den Lockenwicklern greifen und bei unserer Küchenfee für eine gut sitzende Frisur sorgen oder den Ausflug z.B. nach Innsbruck für einen Friseurbesuch nutzen, während der Rest der Truppe die Stadt erkundet.

Wir sind in den Freizeiten viel gewandert – noch mehr haben wir gesungen.
Gab es 1974 in Sonntag noch ein eher passives zuhören (Jesus Christ vom Plattenspieler), so wurde es mit dem Singen mit den Jahren immer mehr. Wir haben ungefähr jeden Raum und jeden Menschen in der Nähe mit NGL, mit Neuem Geistlichen Lied beschallt, ob er dafür zu haben war oder nicht. Wenn sich eine Teilnehmerin in den Kopf gesetzt hat, uns das Zirkuslied beizubringen, so wurde es 30 x geübt, am Stück selbstverständlich. Keiner konnte dem entgehen. Wir hatten ja reichlich „ Stoff“ aus den Jugendmessen und Sacro-Pop-Stücken und brauchten uns bei dem Liedgut nur bedienen. Gesungen wurde immer und überall und es hat Spaß gemacht.

In der Regel liefen die Freizeiten ganz entspannt ab und wir hatten viel Zeit für Gespräche.

Die Rückkehr nach Hause folgte auch einem gewissen Ritual: Schon von Österreich aus habe ich mir per Postkarte etwas zu Essen gewünscht, das dann zur Begrüßung an dem jeweiligen Abend immer daheim auf dem Tisch stand. Dazu gehörte auch: viel Erzählen, auch über das, was meine beiden Geschwister erlebt hatten, denn auch diese waren zu Freizeiten in Laasphe bzw. in Österreich unterwegs.

Was damals vielleicht auch mal negativ war, ist heute eher blass und unwichtig, richtig hängengeblieben sind die tollen Ereignisse. Auch heute noch bin ich mit Menschen aus dieser Zeit freundschaftlich verbunden.

 

Auch nach den Jugendfreizeiten ging es für uns Jugendliche manchmal weiter. Nach Sonntag 1974 wurden wir angesprochen, ob wir Interesse an einer Jugendgruppe haben, die sich weiterhin im Gemeindezentrum Hl.Geist trifft. Einige hatten Interesse. Die Jugendgruppe formierte sich.

Auch nach Strassen 1977 ging es weiter. Wir hatten beschlossen, uns schon bald samstagsabends in der 19 Uhr Messe in Hl.Geist wiederzusehen. Einige hatten das wahrgenommen und ab diesem Zeitpunkt war unser Platz auf der hinteren durchgehenden Reihe direkt an der Rückwand in der Hl.Geist Kirche. „Die Bank an der Rückwand von Heilig Geist“ wurde einfach zum Platz für Jugendliche grundsätzlich.

A propos Sitzordnung:  An den hohen Feiertagen (Christmette / Osternacht) war die Kirche so voll und die „ letzte Reihe “ meistens schon von anderen Gottesdienstbesuchern belegt, so dass wir auf den Fußboden rund um den Taufbrunnen in Hl.Geist ausgewichen sind. Dort haben wir auf unseren Jacken auf dem Boden gesessen (das sogenannte „Sit-in am Taufbrunnen“). Irgendwann hatte es etwas ganz selbstverständliches an sich, sich einfach auf dem Boden niederzulassen. Das war nicht immer so. Bei einem Einkehrwochenende mit der Realschule in Himmerod hatte uns Pater Stephan erst dazu auffordern müssen, doch mit einer Decke auf dem Boden der Gästekapelle Platz zu nehmen. An ersten Abend haben wir uns noch nicht getraut, so fremd war das. Ab dem zweiten Tag haben wir es dann doch mal ausprobiert und später war es für uns in Ordnung. Schließlich war es noch nicht sehr lange her, da saßen Frauen grundsätzlich im linken Kirchenschiff und Männer im rechten… . 

Wir hatten unseren Platz und wir haben ganze Samstagabende nach der Messe uns unterhaltend im Kirchenhof Hl. Geist verbracht. Der perfekte Ort zum Verweilen,  … bevor wir dann als Gruppe doch überlegt haben, wen wir diesmal zu Hause besuchen. Bei vielen unserer Hochdahler Familien waren wir auch spontan immer herzlich willkommen.

 

In der Rückschau

  • Habe ich Respekt vor der Vielzahl an Begleitern, die bereit waren, solche Freizeiten zu leiten und Verantwortung zu übernehmen.
  • Bin ich dankbar über eine so sehr zugewandte Haltung
  • Bin ich froh, immer wieder heil nach Hause gekommen zu sein
  • Bin ich froh und dankbar für so viel unbeschwerte Zeit und die Möglichkeit, mich dort

      zu vernetzen

In der Rückschau sind für mich die Jugendfreizeiten   e i n   Baustein der katholischen Hochdahler Jugendarbeit. Ein wichtiger Einstieg. Es ging – für den der wollte – deutlich über das „einfach 14 Tage lang eine gute Zeit haben“ hinaus.

Für uns gab es

  • Jugendfreizeiten
  • Firmung mit 17 Jahren und entsprechende Firmgruppen / jugendliche Firmbegleiter
  • Jugendgruppen
  • Religionsunterricht in der Oberstufe
  • Jugendchöre

Überall gab es die Möglichkeit sich zu vernetzen, sich auszutauschen, über Glaubensfragen zu sprechen und auch erwachsene Ansprechpartner zu finden. Je mehr man von den Angeboten  wahrnehmen konnte und wollte, desto intensiver wurde das Leben und Erleben in und mit dieser Gemeinde.

 

In Hochdahl war ganz viel freiwilliges Mitmachen statt Pflichterfüllung erlebbar.
Das ganze aktive und mit Begeisterung geführte, reichlich vernetzte Gemeindeleben hatte in meinen Augen ganz entscheidend zum sozialen Umbau in Hochdahl beigetragen:

  • Wir waren generationsübergreifend  und somit generationsverbindend unterwegs 
  • Soziale Schranken wurden deutlich kleiner

Wir fühlten uns generationsübergreifend angesprochen. Jugendmessen wurden von Gläubigen quer durch alle Altersklassen besucht. Jugendliche hatten ihre Eltern und Eltern ihre Jugendlichen im Schlepptau. Ich habe mich dorthin z.B. von meiner Oma begleiten lassen, die sich als Gast hier in der Gemeinde sehr wohl gefühlt hat.
Die Verbindung zwischen den Generationen mag vielleicht merkwürdig erscheinen, schließlich lagen die 68er Jahre nur wenige Jahre zurück – hier war es möglich, solche Verbindungen zu haben.

Es spielte eine untergeordnete Rolle, zu welcher sozialen Schicht man gehörte, in der Hochdahler Kirche und in der Gesellschaft. Die Vernetzung war bereits im vollen Gange und auch die Schulformen wurden durchlässiger – dazu passte nicht mehr ein starres „unter sich bleiben“.

 

Das begeisterte Mittun aller erleben und dabei Spaß und Tiefgang erfahren – das war für mich das Prägende dieser Zeit.

 

N.N.

(Kontaktwünsche werden an die Verfasserin weitergegeben.)

 

 

Und während sie ihren Text schrieb, fiel der Erzählerin auch ein Zettel in die Hand mit dem  Angebot der Jugendfreizeiten 1977. Es wäre zu schade, wenn dieses Dokument verloren gehen würde. Deshalb soll er hier abgedruckt werden.

 

 

Das Angebot an Jugendfreizeiten 1977

Oberau I

Abfahrt

06.07.77  19 Uhr
Parkplatz Sandheide

 

Rückkunft

21.07.77 gegen 22 Uhr

Strassen I

Abfahrt

06.07.77  19 Uhr
Parkplatz Sandheide

 

Rückkunft

21.07.77 gegen 22 Uhr

Oberau II

Abfahrt

20.07.77 19 Uhr
 Parkplatz Sandheide

 

Rückkunft

04.08.77 gegen 22 Uhr

Strassen II

Abfahrt

20.07.77  19 Uhr
Parkplatz Sandheide

 

Rückkunft

04.08.77 gegen 22 Uhr

Laasphe I

09.07.-23.07.1977

 

Laasphe II

23.07.-06.08.1977

 

Laasphe III  

06.08.-20.08.1977

 

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