2. Die „neue Stadt Hochdahl“

Hochdahl wurde geplant als eine von drei Modellstädten in Nordrhein-Westfalen. Die beiden anderen waren Wulfen (in der Nähe von Marl) und Meckenheim-Merl. Eine Entwicklungsgesellschaft, in der die verschiedensten Institutionen des Landes und der Kommunen vertreten waren, war für die Planung, Erschließung und Bauausführung zuständig. Den Namen bekam die neue Stadt von einem alten Ortskern in der nordwestlichen Ecke des Bebauungsgebietes. Eisenbahnfreunde in der Region erinnerte der Name an ein Kuriosum der Eisenbahngeschichte: bis in die Nachkriegszeit konnten die Züge den steilen Aufstieg von Erkrath nach Hochdahl nur mit der Unterstützung einer zweiten Lok schaffen, die in älteren Zeiten sogar talwärts fuhr und den Zug mit einem Seil über eine Umlenkrolle nach oben zog. Und bei vielen Bewohnern Düsseldorfs war die Gegend vor allem als Ziel für die sonntäglichen Familienausflüge beliebt.

 

Die neue Stadt sollte ursprünglich im Endausbau 45.000 Einwohner haben. Entsprechend groß war das für die Bebauung vorgesehene Gebiet. Es liegt heute in der Nordost-Ecke des Hildener Autobahnkreuzes und wird im Westen und Süden von der A3 und der A46 begrenzt und im Norden von der Eisenbahnlinie Düsseldorf-Wuppertal. Bei einer solchen Größenordnung ist die Gefahr groß, dass ein Neubaugebiet zu einer wüsten Ansammlung von Wohngebäuden wird, ohne ein städtebauliches „Gesicht“ zu bekommen. Es ist zweifellos das Verdienst der Stadtplanung unter der Federführung von Professor Aloys Machtemes, eine solche Entwicklung in Hochdahl vermieden zu haben. Der Aufbauplan sah eine Gliederung des Gebietes in sieben so genannte Quartiere vor. Es hieß damals, das entspreche den modernen städtebaulichen Konzepten. In Hochdahl legte die Topografie der Landschaft eine solche Gliederung von vorneherein nahe. Kleine Waldzüge und ein paar Bäche mit ihren kleinen Tälern prägten das Bild und haben möglicherweise den Stadtplaner entsprechend inspiriert. In diesen Quartieren sollte die Zahl der Bewohner überschaubar bleiben, um Kontakte und gemeinschaftliche Lebensformen zu ermöglichen. Fußläufig sollten alle wichtigen Einrichtungen erreichbar sein – Schulen und Kindergärten, Treffpunkte und Geschäfte. Deshalb sollte jedes Quartier auch ein voll funktionierendes Subzentrum bekommen. Das erwies sich allerdings im Laufe der Zeit als nicht durchführbar. Spätestens als das Stadtzentrum errichtet wurde, ging man zum Arzt oder zum Einkaufen meist dorthin oder fuhr noch lieber nach Düsseldorf. Einige geplante Subzentren wurden deshalb gar nicht mehr gebaut und die schon errichteten verloren viel von ihrer vorgesehenen Funktion. Vielleicht hing das auch damit zusammen, dass einige Jahre nach Beginn der Bebauung die Pläne von der zukünftigen Größe Hochdahls stark reduziert wurden. Als der Ausbau praktisch abgeschlossen war (etwa 1990), hatte Hochdahl – als Stadtteil von Erkrath – ungefähr 27.000 Einwohner. Und diese Zahl blieb relativ stabil.

 

Beim Aufbau der katholischen Kirchengemeinde hielten wir uns zunächst an die Vorgaben der Stadtplanung. Es ging – bei einer zu erwartenden Größe von 20.000 Katholiken –vor allem darum, kein übergroßes, anonymes Gebilde als Gemeinde entstehen zu lassen. In vergleichbarer Situation (Neubaugebiet Düsseldorf-Garath) versuchte man, dieses Ziel

dadurch zu erreichen, dass man die katholischen Bewohner auf zwei Pfarreien (drei Kirchen) verteilte. Dass man die im Jahre 2007 wieder zusammenführen würde, war 1970 natürlich nicht vorauszusehen. Trotzdem zeigt dieser Vorgang, dass wir in Hochdahl die bessere Perspektive verfolgt haben: die ganze Stadt blieb eine Gemeinde. Auch für Hochdahl waren wohl in den ganz frühen Überlegungen drei Pfarreien vorgesehen. Doch wurde diese Vorstellung bald wieder fallen gelassen. Um auch bei einer Pfarrei für die ganze Stadt die Überschaubarkeit nicht aufs Spiel zu setzen, war es nötig, die Quartiere genauso ernst zu nehmen wie die ganze Stadt. Der Aufbau der Gemeinde und die seelsorgliche Arbeit mussten sich deshalb gleichzeitig auf zwei Ebenen vollziehen. Alle Lebensvollzüge der Gemeinde, die sich auf die grundlegenden Formen des Zusammenlebens bezogen, sollten ihren Ort in den Stadtvierteln haben. Dazu gehörten Kindergärten, Kommunion- und Bussvorbereitung, Kindergruppen, Ehekreise, Altenclubs. Diesen Teil der Seelsorge nannten wir „Grundversorgung“. Auf der Ebene der ganzen Stadt  sollten alle Leitungsaufgaben wahrgenommen werden. Spezialisierte Angebote, wie zum Beispiel Arbeitskreise von Katecheten, Lehrern und Erzieherinnen oder auch das Ökumenische Bildungswerk sollten zentral angeboten werden, da man dann mit einer hinreichend großen Zahl von Interessenten rechnen konnte. Pfarrfeste oder Karneval fanden zwar an wechselnden Orten statt, waren aber natürlich Feste für alle. Diese Lebensvollzüge nannten wir „Zentrale Aufgaben“.     

 

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